Ashtanga Yoga nach Patanjali. Die 8 Stufen im Ueberblick

Wer hat die 8 Stufen formuliert
Die 8 Stufen stehen in den Yoga Sutras, traditionell Patanjali zugeschrieben. Entstehung ungefaehr zwischen 200 v. Chr. und 400 n. Chr. Die Auflistung der Stufen findet sich in Kapitel 2, Vers 29. Ashtanga bedeutet acht Glieder. Nicht verwechseln mit dem spaeter entstandenen Ashtanga Vinyasa Stil. Hier geht es um den klassischen Pfad.

Zweiteilung
Bahiranga Yoga sind die aeusseren Stufen 1 bis 5. Sie ordnen Verhalten, Koerper und Atem.
Antaranga Yoga sind die inneren Stufen 6 bis 8. Sie schulen direkte Aufmerksamkeit und Einsicht.

  1. Yama
    Ethische Grundhaltung im Umgang mit anderen.
    Ahimsa Nichtverletzen, Satya Wahrhaftigkeit, Asteya Nichtstehlen, Brahmacharya massvoller Umgang mit Energie, Aparigraha Nichtanhaften.
    Praxis: taegliche Selbstpruefung, klare Grenzen, ein konkretes Verhaltensziel pro Woche. Effekt: weniger Konflikte, mehr Verlaesslichkeit.
  2. Niyama
    Persoenliche Disziplin.
    Shaucha Reinheit, Santosha Zufriedenheit, Tapas Disziplin, Svadhyaya Selbststudium, Ishvara Pranidhana Hingabe an ein hoeheres Ziel.
    Praxis: kurze Morgenroutine, Journaleintrag, ueberschaubare Sieben Tage Vorhaben. Effekt: Stabilitaet im Alltag, klare Prioritaeten.
  3. Asana
    Stabile, bequeme Sitzfaehigkeit fuer die innere Arbeit. Ziel ist muheloses Sitzen ohne Schmerzen, nicht Artistik.
    Praxis: Mobilitaet und Kraft gleichmaessig trainieren, bequeme Sitzpose aufbauen. Marker: 15 bis 30 Minuten entspanntes Sitzen.
  4. Pranayama
    Regulierung des Atems zur Beruhigung von Nervensystem und Geist.
    Praxis: gleichlange Ein und Ausatmung, spaeter sanfte Zaehlschemata. Keine Gewalt, kein Pressen. Bei Herz Kreislauf Problemen nur mit Fachperson. Effekt: ruhiger Puls, klare Wachheit.
  5. Pratyahara
    Rueckzug der Sinne. Reize verlieren Zugkraft, Aufmerksamkeit bleibt gesammelt.
    Praxis: fester Ort fuer Uebung, Bildschirmdiat, Beobachten von Koerperempfindungen und Geraeuschen mit geschlossenen Augen. Effekt: weniger impulsives Reagieren.

Ab hier beginnt Antaranga

  1. Dharana
    Sammeln. Bewusstes Halten der Aufmerksamkeit auf einem Objekt.
    Praxis: Objekt waehlen Atem, Mantra, Punkt, Herzgefuehl. 5 bis 15 Minuten fokussieren. Ablenkung bemerken, ohne Kommentar zurueck. Effekt: laengere ununterbrochene Phasen.
  2. Dhyana
    Meditation als gleichmaessiger Fluss der Aufmerksamkeit ohne spuerbaren Kraftaufwand.
    Praxis: gleiche Aufmerksamkeitsbasis wie in Dharana, weniger Wollen, mehr stetiges Verweilen. Effekt: innere Ruhe, klare Sicht, mehr Feinfuehligkeit im Alltag.
  3. Samadhi
    Vertiefte Sammlung. Das gewohnte Gefuehl von Beobachter, Prozess und Objekt wird zeitweise still. Keine Kuertestechnik. Reift aus den ersten sieben Stufen.
    Praxis: nicht forcieren. Rahmenbedingungen pflegen, regelmaessige Uebung halten. Effekt laut Tradition: tiefer Frieden, reduzierte innere Reibung, klares Handeln.

Details zu allen 8 Stufen mit Unterpunkten.

  1. Yama. Ethische Haltung im Umgang mit anderen.
    Ahimsa. Nichtverletzen in Tat, Wort, Gedanke. Beispiel: sachlich sprechen statt abwerten. Uebung: 1 Tag ohne Schimpfwoerter, abends kurz notieren wie es lief.
    Satya. Wahrhaftigkeit. Beispiel: klare Zusagen mit Termin, lieber Nein sagen als Ausreden. Uebung: eine offene Wahrheit freundlich klaeren.
    Asteya. Nichtstehlen, auch Zeit, Aufmerksamkeit, Ideen. Beispiel: puenktlich sein, Quellen nennen. Uebung: heute keine Unterbrechungen in Meetings.
    Brahmacharya. Massvoller Umgang mit Energie, inkl. Sexualitaet und Reizkonsum. Beispiel: keine Bildschirmnutzung im Bett. Uebung: 7 Tage kein Scrollen nach 21 Uhr.
    Aparigraha. Nichtanhaften, Genuegsamkeit. Beispiel: Kleiderschrank aussortieren, nur Nötiges behalten. Uebung: eine Sache weggeben, die unnoetig ist.
  2. Niyama. Persoenliche Disziplin und Pflege.
    Shaucha. Reinheit von Koerper, Raum, Nahrung, geistigem Input. Uebung: 10 Minuten Ordnung an einem festen Ort pro Tag.
    Santosha. Zufriedenheit mit dem Gegebenen plus konstruktiver Einsatz. Uebung: 3 Dinge notieren, die heute gut sind.
    Tapas. Zweckvolle Disziplin. Uebung: kleine taegliche Praxis ohne Ausnahmen, z. B. 10 Minuten Bewegung.
    Svadhyaya. Selbststudium und Studium von Texten. Uebung: 10 Minuten lesen, 5 Minuten Journal mit einer Beobachtung zu Verhalten oder Denkmustern.
    Ishvara Pranidhana. Hingabe an ein hoeheres Ziel oder Prinzip. Uebung: einen Leitwert formulieren und vor einer Aufgabe innerlich benennen.
  3. Asana. Stabile, bequeme Haltung fuer innere Arbeit.
    Ziel. Ruhiges Sitzen ohne Schmerzen und mit freiem Atem, nicht Artistik.
    Praxisvorschlag 15 bis 20 Minuten. Mobilisierung Wirbelsaeule Katze Kuh, Vorbeuge sanft, Ausfallschritt, Schulterbruecke, liegende Drehung, dann Sitz. Atem ruhig durch die Nase.
    Marker fuer Fortschritt. 15 bis 30 Minuten entspanntes Sitzen moeglich, Nacken und Gesicht locker.
  4. Pranayama. Atemlenkung fuer Nervenruhe und Klarheit.
    Grundlagen. Aufrecht sitzen, entspanntes Gesicht, kein Pressen, Uebung immer schmerzfrei beenden.
    Einfacher Start. Sama Vritti gleich lange Atemzuege. Beispiel 4 ein 4 aus fuer 5 Minuten.
    Variante. Box Atmung 4 ein 4 halten 4 aus 4 halten, nur wenn es leicht faellt.
    Ausgleichend. Wechselatmung ohne Anhalten. Links ein rechts aus, rechts ein links aus, jeweils 4 Zaehler. 6 bis 10 Runden.
    Kontra. Schwindel, Druck im Kopf, Angst sind Stopp Signale. Bei Herz Kreislauf Problemen nur mit Fachperson.
  5. Pratyahara. Sinnesrueckzug, weniger Reizhaftigkeit.
    Umfeld. Fester ruhiger Platz, Telefon weg, konstante Uhrzeit.
    Uebung. 10 Minuten mit geschlossenen Augen Geraeusche als fern nah innen einordnen, Pausen zwischen Toenen beachten. Danach 2 Minuten offen sitzen.
    Alltag. Benachrichtigungen reduzieren, Fokuszeiten blocken. Marker: weniger Reflexgriffe zum Telefon.
  6. Dharana. Beginn von Antaranga. Gehaltene Aufmerksamkeit auf einem Objekt.
    Objekt waehlen. Atem an Nasenfluegeln, ein einfaches Mantra, ein Punkt im Brustraum oder ein visuelles Punktobjekt.
    Methode. Timer 5 bis 15 Minuten. Ablenkung merken, leise benennen zum Beispiel denken, zurueck zum Objekt. Keine Bewertung.
    Messbar. Zu Beginn alle 5 bis 10 Sekunden ein Abdriften, spaeter laengere zusammenhaengende Phasen. Notiere nach der Sitzung 1 kurzer Satz.
  7. Dhyana. Gleichmaessiger Fluss der Aufmerksamkeit, weniger Willensanstrengung.
    Uebergang. Gleiches Setting wie in Dharana, aber weniger Labeln, mehr stetiges Verweilen.
    Hinweise. Atem ist fein, Koerper fuehlt ruhig, Zeitgefuehl wird weicher. Nachher kurze Erdung, z. B. 1 Minute stehen und tief atmen.
  8. Samadhi. Vertiefte Sammlung, zeitweises Stillwerden von Subjekt Objekt Gefuehl.
    Umgang. Nicht forcieren, nicht jagen. Entsteht aus Reife der Stufen 1 bis 7.
    Integration. Nach tiefer Ruhe einfache Taetigkeit, Wasser trinken, Tagesstruktur halten. Kein missionarisches Reden ueber Erlebnisse, lieber Praxis fortsetzen.

Hinweis fuer Leser
Dieser Text dient der Orientierung. Er ersetzt keine medizinische Beratung und keinen persoenlichen Unterricht. Regelmaessigkeit zaehlt mehr als Intensitaet. Kleine, zuverlaessige Schritte sind ausreichend.